a true crime experience

Ich öffne die Büchse der Pandora

Heute ist der Tag, an dem ich endlich die Millionen bekommen soll. Dafür muss ich aber die oft zitierte Büchse der Pandora öffnen – oder vielmehr die gefälschte Seite der Deutschen Bank in Indien, auf die mich mein Gegenüber geleitet hat.

Da ich mir nicht sicher bin, was mich beim Besuch der Adresse https://dbnk-onlinein.com/e-home erwarten wird, bringe ich erstmal meinen Rechner auf den aktuellen Stand: Ich mache System-Updates, aktualisiere den Virenscanner, verschärfe die Firewall-Einstellungen und lege einen neuen Benutzer ohne Administratorenrechte an. Unter diesen Voraussetzungen traue ich mich, die Adresse aufzurufen.

Die gefälschte Internetseite der Deutschen Bank

Die Seite wirkt optisch unspektakulär. Als erstes werfe ich einen Blick in den Quellcode der Seite. Auch dort erkenne ich keine Auffälligkeiten. Bevor ich mich aber mit den Zugangsdaten anmelde, die mir von der Deutschen Bank übermittelt wurden, versuche ich erst einmal, mich mit “falschen” Zugangsdaten anzumelden. Ich möchte gerne wissen, ob die Anmeldedaten tatsächlich validiert werden, oder ob sich jedermann hier mit beliebigen Zugangsdaten anmelden kann. Tatsächlich aber führt die Anmeldung mit ausgedachten Daten zu einer Fehlerseite. Daher melde ich mich jetzt mit den “richtigen” Daten an und werde auf eine Übersichtsseite geleitet:

Diese Seite sehe ich nach dem Login.

Auf dem Dashboard der gefälschten Bank-Seite springen mir direkt drei Dinge ins Auge: Mein Name, ein Foto meines gefakten Ausweises und natürlich mein Kontostand: 10.850.000 Euro!

Ich lehne mich zurück und genieße den Anblick der langen Zahlenreihe, die meinen plötzlichen Reichtum dokumentiert.

Laut Email-Anweisung soll ich jetzt den Millionenbetrag von meinem indischen Konto auf mein reales, bestehendes Girokonto in Deutschland transferieren. Ich möchte mich aber vorher noch etwas auf der Seite umsehen und klicke die verschiedenen Menüpunkte an, beginnend mit “Mein Profil”:

Meine Daten bei der Deutschen Bank.

Tatsächlich werden hier die Daten angezeigt, die ich vorab nach Indien übermittelt habe. Mein Name, meine Adresse (die in Wirklichkeit die Anschrift der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt ist), die Telefonnummer meines Fake-Handys und mein gefälschtes Geburtsdatum – der 30. Februar.

Als nächstes werfe ich einen Blick auf die Kontobewegungen, die auf meinem Konto stattgefunden haben. Es gibt genau eine Überweisung auf mein Konto – nämlich die von Mariya:

Mr. Ramold Alex

Ich klicke mich Schritt für Schritt durch die Menüpunkte. Im Bereich “Kontakt” findet sich noch eine Überraschung. Hier wird mir mein persönlicher Bankberater noch einmal vorgestellt: Mr. Ramold Alex – diesmal sogar mit Foto. Ein gutaussehender, fast schon symphytisch wirkender Mann, dem man den Banker tatsächlich abnehmen würde. Ich erkenne eine leichte Asymmetrie in der Position der Ohren, die mich an die Ohren auf meinem Fake-Foto auf meinem Fake-Ausweis erinnern. Und unter dem Bild finden sich noch seine Kontaktdaten:
Email: acountant.ramoldalex@gmail.com
Phone: +918904635993

Achtung: Bei der genannten Email-Adresse und bei der Telefonnummer handelt es sich um die echten Angaben. Ich veröffentliche diese Daten hier für den Fall, dass irgendjemand die Nummer oder die Adresse googelt und dann hier auf dieser Seite landet. Jedem sollte bewusst sein, dass es sich hier um die Daten eines Betrügers handelt!

Die “Gauner” haben sich tatsächlich die Mühe gemacht, eine komplette Onlinebanking-Seite nachzubauen, inklusive Interaktivität, Funktionalität und Nutzerverwaltung. Dieser Aufwand lohnt sicher nur, wenn die Masche, die sie mit mir versuchen abzuziehen, gleichzeitig auch bei vielen anderen Menschen abgezogen wird!

Jetzt ist es Zeit, um zum Wesentlichen zu kommen. Schließlich bin ich hier, um das Geld auf mein echtes Konto nach Deutschland zu transferieren. Auch hierzu findet sich eine Eingabemaske auf der Seite:

Hier soll ich meine Bankdaten eingeben.

Ich bin tatsächlich nur noch ein paar wenige Mausklicks davon entfernt, Multimillionär zu sein! Allerdings gibt es noch ein kleines Problem. Ich möchte auf gar keinen Fall meine echten Bankdaten eingeben. Aber welche Kontonummer soll ich also eingeben?

Mir kommen eine Reihe von Ideen: Die Kontoverbindung eines gemeinnützigen Vereins gegen Cyberkriminalität. Oder die Bankverbindung des Tierheims. Oder, oder, oder…

Ich entscheide mich, nachdem ich auch schon deren Postanschrift quasi “missbraucht” habe, für die Bankverbindung des Bayerisches Polizeiverwaltungsamtes , die ich im Internet finde.

Ich fülle das Formular zur Überweisung nach Deutschland aus.

Ich gebe die Daten ein, bestätige die Transaktion mit der TAN-Nummer, die mir übermittelt wurde, und klicke auf “transferieren”. Auf meinem Bildschirm erscheint ein Fortschritts-Balken, der mich über den Status meiner Überweisung informiert. Der Fortschritt des Balkens wird durch Texteinblendungen kommentiert:

  • baue Verbindung zum Server auf
  • Authentifizierung wird durchgeführt
  • Daten werden verifiziert
  • Transfer wird eingeleitet
  • Übertragung läuft

Nur langsam nährt sich der Balken der 100%-Marke an. Ganz kurz, bevor der Balken sein finales Ausmaß erreicht, erhalte ich eine Fehlermeldung:

Um die Überweisung abschließen zu können, soll ich einen Steuerfreigabecode des Finanzministeriums eingeben. Ohne diesen Code kann die Übertragung des Geldes auf mein Konto nicht abgeschlossen werden.

Da ich weder weiß, was das für ein Code sein soll, noch, wo man einen solchen Code bekommen kann, wende ich mich vertrauensvoll per Email an meinen asymmetrisch beohrten Bankberater:

Sehr geehrter Herr Ramold,

ich wollte heute das Geld überweisen. Allerdings benötige ich einen Steuerfreigabecode des Finanzministeriums. So einen Code habe ich leider nicht – können Sie mir vielleicht weiterhelfen?

Viele Grüße

Thomas Haselmann

An dieser Stelle denke ich darüber nach, ob nicht vielleicht ein weiterer Protagonist die Bühne betritt – eine Sari-tragende Version von Christian Lindner als Chef des Indischen Finanzministeriums.

Um möglichst schnell an den Code zu kommen, schreibe ich auch Mariya eine Email. Sie zieht aus dem Krankenbett heraus die Strippen und war trotz ihres Zustandes immer sehr schnell, wenn es um das Beantworten von Emails ging.

Liebe Mariya,

heute wollte ich das Geld Deines Mannes zu mir nach Deutschland übertragen. Allerdings gibt es Schwierigkeiten: Ich benötige einen Code des Finanzministeriums. Ich hoffe, Dein freundlicher und kompetenter Bankberater kann uns hier weiterhelfen?

Wie geht es Dir?

Viele Grüße

Thomas Haselmann

Jetzt bin ich wieder dazu verdammt, auf eine Antwort zu warten. Allerdings hat die Erfahrung gezeigt, dass es “die Inder” bei allem, was sie tun, sehr eilig haben. Daher rechne ich schon bald mit einer Antwort und werde morgen berichten, wie es mit meinen Millionen weitergeht.

7 Kommentare

  1. Andera

    Das ist ja echt unglaublich was die alles unternehmen um ja vermutlich an mehr Geld von dir zu kommen😃😃 du verstehst es die Spannung zu halten 😳

    • Thomas

      Ich kann ja nichts dafür. Das passiert alles tatsächlich so und ich schreibe es nur auf 🤷

  2. Fritz

    Ich bin mal gespannt, was Du noch so alles “beibringen” musst:)

  3. Jutta

    Nehme an das es nun wieder etwas kosten wird ,bin gespannt

    • Thomas

      Ich befürchte auch 🙈🤷

  4. Claudia

    Unglaublich was die für einen Aufwand betreiben 🙈 muss sich wohl lohnen!

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