a true crime experience

Monat: August 2022 (Seite 2 von 2)

Living next door to police

Gestern hatte ich eine Email an die Deutsche Bank geschickt und gefragt, warum es nötig sei, dass ich ein neues Konto einrichten soll. Statt einer Antwort der Bank finde ich aber eine Nachricht von Mariya in meinem Posteingang. Sie schreibt:

Hallo mein lieber Freund,

Mein Gesundheitszustand ist immer noch sehr schlecht, ich werde diese Krankheit nicht überleben können. Der Arzt hat bestätigt, dass ich nur noch wenige Wochen zu leben habe, bevor ich mein Ende sehe. Ich möchte, dass Sie alle Anweisungen der Deutschen Bank India befolgen, um die Überweisung auf Ihr Bankkonto zu ermöglichen.

Die Deutsche Bank hat mitgeteilt, dass der Betrag per Online-Überweisung auf Ihr Bankkonto überwiesen wird, und sie wird ein Online-Konto in Ihrem Namen einrichten, und Sie können sich von Ihrem Computer aus anmelden und den Betrag direkt online auf Ihr Bankkonto überweisen einfach und schnell.

Bitte versuchen Sie, sich mit dem Online-Kontoantrag zu treffen, damit Sie sich anmelden und das Geld online auf Ihr Bankkonto überweisen können.

Danke und Gott schütze dich.
Frau Mariya Singh

Beachtenswert finde ich, dass diese sterbenskranke Frau am Ende ihres Lebens noch die Kraft und die Zeit findet, mich über die Notwendigkeit eines Online-Kontos zu informieren. Und noch während ich ihre Zeilen lese, trifft eine weitere Email in meinem Posteingang ein, diesmal tatsächlich von der Deutschen Bank:

Der Grund, warum Sie ein Online-Banking-Konto bei uns einrichten müssen, besteht darin, dass Sie sich anmelden und Ihr Geld online auf Ihr Bankkonto überweisen können. Ihr Spendenguthaben in Höhe von 10.850.000,00 Euro wird zur Einrichtung eines Online-Kontos auf Ihren Namen verwendet und Ihnen werden Benutzername und Passwort für Ihr Online-Banking-Konto zur Online-Überweisung zugesandt.

Alles, was Sie tun müssen, ist, sich mit Ihrem Benutzernamen und Passwort in Ihr Online-Konto einzuloggen und das Geld online auf Ihr Bankkonto zu überweisen.

Sobald wir umgehend Ihr Antragsformular für Ihr Online-Konto erhalten, werden wir ein Online-Konto auf Ihren Namen einrichten und Ihnen die Zugangsdaten zu Ihrem Online-Banking-Konto zusenden.

Bitte beachten Sie, dass alle Informationen korrekt ausgefüllt werden müssen.

Ich verstehe immer noch nicht, was genau jetzt passieren soll. Aber ich verstehe, dass die Inder meine Daten wollen. Genau die Daten, die Mr. Ramold Alex in seiner gestrigen Email detailliert gefordert hat. Einen Teil der Daten kann ich problemlos liefern – schließlich habe ich bereits einen gefälschten Personalausweis mit Daten, den ich vor einigen Wochen erstellt habe.

Mein gefälschter Personalausweis

Name und Geburtsdatum (immerhin der 30. Februar) sind damit schon bekannt. Aber die Deutsche Bank möchte auch meine Adresse. Ich habe bisher nicht einmal die Stadt, in der ich lebe, erwähnt. Aber jetzt komme ich nicht umhin, eine Adresse anzugeben. Ich entscheide mich für eine Adresse hier in Würzburg und wähle die “Augustinerstraße 24”. Das ist die Adresse der Polizeiinspektion Würzburg-Stadt.

Auch die Frage nach einer Telefonnummer kann ich problemlos beantworten. Inzwischen verfüge ich ja über eine eigene Nummer, die nur für die Korrespondenz mit der Deutschen Bank in Indien verwendet wird.

Die Frage nach meinen nächsten Angehörigen ignoriere ich, und so stelle ich schnell eine Email zusammen:

Sehr geehrter Ramold Alex,

anbei erhalten Sie die geforderten Daten:

Vorname: Thomas
Nachname: Haselmann
Geschlecht: männlich 
Geburtsdatum: 30.02.1976
Adresse: Augustinerstraße 24
Telefon: 00491575356****
WhatsApp-Nummer: 00491575356****
Email: thomas@haselmann.net
Land: Deutschland
Bundesland: Bayern
Stadt: 97070 Würzburg

Meinen Ausweis habe ich noch einmal beigefügt. Benötigen Sie noch weitere Informationen? Wie geht es jetzt weiter?

Bitte bestätigen Sie mir den Erhalt meiner Daten.

Viele Grüße

Thomas Haselmann

Jetzt muss ich abwarten, was passiert. Drei mögliche Szenarien kommen mir in den Kopf:

  1. Die Inder haben meine Daten und damit alles, was sie wollen. Ich werde nie wieder etwas aus Indien hören.
  2. Ich bekomme eine Email, dass ein Konto auf meinen Namen eingerichtet wurde und erhalte weitere Instruktionen.
  3. Es klingelt an der Haustüre. Draußen stehen zwei Würzburger Polizeibeamte, die auf ihrer Dienststelle ein Schreiben einer Bank erhalten haben, das zeigt, dass auf den Namen “Thomas Haselmann” ein Konto eröffnet wurde. Dummerweise mit einer falschen Adresse. Und ich werde einiges zu erklären haben!

So oder so – es bleibt spannend!

Wollen mir die Inder an die Wäsche?

Die Geschichte um Mariyas Millionenerbe wird immer verwirrender: Um an das Geld zu kommen, verweist mich Mariya an die Deutsche Bank in Indien. Die Bank benötigt verschiedene Dokumente, die der Anwalt Meenal Kashyap für mich ausfertigt. Nach einigem Hin und Her wegen der Bezahlung des Anwalt bekomme ich die notwendigen Dokumente, die ich unterschreibe und dann wieder an die Bank weiterleite. Jetzt steht also der Auszahlung der Millionensumme an mich nichts mehr im Wege. Das bestätigt auch die Email der Deutschen Bank in Indien, die ich heute in meinem Postfach finde:

Sehr geehrter Kunde Thomas Haselmann ,

Wir freuen uns sehr, Sie in unserer Bank zu haben, da es unsere Pflicht als hochrangige Bank ist, Ihnen den besten Service zu Ihrer Zufriedenheit zu bieten.   Uns wurde empfohlen, ein Online-Konto auf Ihren Namen einzurichten, mit dem Sie Ihr Guthaben in Höhe von 10.850.000,00 Euro online auf Ihr Bankkonto überweisen können.

Es soll also ein Online-Konto auf meinen Namen eingerichtet werden? Was bedeutet das? Ich stelle mir folgendes Vorgehen vor: Es wird bei einer echten Bank ein Konto online auf meinen Namen eingerichtet. Die Bank wird im Rahmen der Einrichtung einen Freischaltcode auf dem Postweg an meine echte Anschrift senden. Diesen Code soll ich dann wahrscheinlich nach Indien senden. Dann hätten die Hintermänner vollen Zugriff auf dieses Konto. Und damit könnten sie dann beispielsweise Zahlungen für irgendwelche Online-Geschäfte empfangen, ohne irgendwelche Leistungen im Gegenzug zu erbringen. Und würde sich dann jemand beschweren, stünde ich in der Verantwortung – schließlich ist es ja mein Konto.

Soweit meine Befürchtung, in welche Richtung sich die Sache entwickeln könnte. Ich lese weiter:

Bitte füllen Sie die Online-Überweisungsinformationen unten aus, damit Sie Ihren Spendenbetrag online auf Ihr Bankkonto überweisen können.

Alle Dokumente werden an Ihre Postanschrift geschickt, sobald Ihr Guthaben vollständig online auf Ihr Bankkonto überwiesen wurde.

Stellen Sie sicher, dass Ihre Informationen korrekt ausgefüllt sind, da falsche Informationen den Beginn der Übertragung nicht zulassen

Persönliche Informationen
Vorname*
Nachname*
Geschlecht*
Geburtsdatum*
Adresse*
Telefon*
WhatsApp-Nummer:
Email*
Land*
Bundesland*
Stadt*
Reißverschluss *
Angehängter Reisepass/Foto*

Details der Angehörigen
Name des nächsten Angehörigen*
Adresse der nächsten Angehörigen*
Telefon der nächsten Angehörigen*

Die Deutsche Bank möchte eine ganze Reihe von Informationen von mir. Vorname und Nachname haben sie ja bereits, und auch mein Geschlecht ist kein großes Geheimnis. Mit meiner Adresse und meiner Telefonnummer habe ich mich bisher zurückgehalten. Besonders überrascht bin ich darüber, dass ich meinen “Reißverschluss” angeben soll. Was soll das sein? Will mir die Deutsche Bank an die Wäsche?

Ich kann mir nur vorstellen, dass es sich hier um einen klassischen Übersetzungsfehler handelt. Reißverschluss heißt im Englischen “Zipper” oder einfach nur “Zip”. Die Bezeichnung ZIP verwendet man aber auch, um Dokumente am Computer zusammenzufassen und für den Email-Versand zu komprimieren. Damit ist wahrscheinlich nur gemeint, dass ich meinen Personalausweis an die Email anhängen soll.

Weiter heißt es in der Email:

Füllen Sie Ihre Informationen oben korrekt aus, um Fehler zu vermeiden, damit wir keine Probleme haben, Ihr Geld auf Ihr Konto zu überweisen.

Auf uns können Sie vertrauen. Das Beste im Bankensystem zu geben, ist unsere Priorität.

=======================================================================

Thanks for your business as usual.
               Signed.
 Head Banking Operations.

Customer service department.
Mr. Ramold Alex
Phone +918904635993 

Um auf Nummer Sicher zu gehen, erinnert mich der Bankmitarbeiter auch parallel auf WhatsApp daran, dass ich in meinem Posteingang nachsehen soll:

WhatsApp-Nachricht aus Indien.

Meine Theorie, warum ich meine Daten nach Indien schicken soll, habe ich oben bereits dargelegt. Aber ich versuche, mich dem zu entziehen, indem ich darauf hinweise, dass ich ja bereits ein Konto hätte, auf das man mir meine Millionen überweisen könne. Daher schreibe ich an die Deutsche Bank:

Sehr geehrter Ramold Alex,

vielen Dank für Ihre Email. Ich verstehe nicht, warum wir ein Konto neu einrichten müssen? Ich habe doch schon ein Konto hier bei meiner Bank in Deutschland. Können Sie mir erklären, warum wir ein neues Konto benötigen?

Viele Grüße

Thomas Haselmann

Ich bin mir jetzt schon sicher, dass eine sehr fadenscheinige Begründung kommen wird, warum es unbedingt notwendig sei, ein neues Konto einzurichten. Und die Zeit, bis diese Begründung bei mir eintrifft, werde ich nutzen, um die geforderten Daten schon einmal vorzubereiten…

Nur noch unterschreiben…

Ich bin immer noch euphorisch, dass ich ganz kurz vor dem großen Geldregen stehe und entschließe mich, zuerst einmal Mariya zu informieren. Schließlich ist sie meine Gönnerin und soll daher auch über den aktuellen Verlauf unterrichtet sein:

Hallo liebe Mariya,

wie geht es Dir heute? Dein Anwalt hat mir geschrieben und den Geldeingang bestätigt. Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat!

Zudem hat er mir drei Dokumente zugeschickt, die ich noch unterschreiben muss. Das kann ich erst morgen machen, aber dann werde ich die Dokumente direkt zur Deutschen Bank in Indien senden.

Erzähl mir bitte noch etwas von Dir? Wie geht es Dir momentan?

Viele Grüße

Thomas Haselmann

Noch bevor ich zum Unterschreiben der Dokumente komme, erreicht mich eine weitere Email des Anwalts:

Hallo Sehr geehrter Thomas Haselmann,

Bitte drucken und unterschreiben Sie die Dokumente und senden Sie sie an die Deutsche Bank India an die untenstehende E-Mail-Adresse.

info@dbkonline-in.com

Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Meenal Kashyap Associates

So einfach, wie der Anwalt sich das vorstellt, ist die Sache dann aber doch nicht. Schließlich kennt der Anwalt “meine” Unterschrift schon: Vor einigen Wochen hatte ich meinen Ausweis fälschen müssen (siehe Meine neue Identität), und dieser Ausweis ist mit “Mustermann” unterschrieben. Außerdem möchte ich nicht, dass meine echte Unterschrift auf irgendwelchen Dokumenten auftaucht.

Ich möchte aber auch nicht künstlich die Mustermann-Unterschrift in die Dokumente retuschieren. Daher drucke ich alle Dokumente aus und lasse sie von einer Komplizin (Danke!) mit Mustermann unterschreiben.

Parallel zur Unterschrift trifft auch eine WhatsApp-Nachricht auf meinem Smartphone ein. Mr. Ramold Alex von der Deutschen Bank in Indien schreibt:

Bitte senden Sie das unterschriebene Dokument an meine E-Mail. info@dbkonline-in.com

Die Inder haben es wohl wieder mal eilig. Daher scanne ich die unterschriebenen Dokumente ein und sende eine Email an die angegebene Adresse:

Sehr geehrte Damen und Herren,

anbei erhalten Sie die gewünschten und unterschriebenen Dokumente zurück. Bitte bestätigen Sie mir den Empfang.

Gerne sende ich Ihnen die Dokumente auch im Original zu – lassen Sie mir bitte bei Bedarf die Postadresse zukommen.

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Haselmann

Was ist das für ein Geschäftsgebaren, bei dem gescannte Dokumente ohne Original-Unterschrift ausreichend sind, um einen Millionendeal abzuwickeln? Ich biete zumindest an, die mit “Mustermann” unterschriebenen Dokumente auch im Original nach Indien zu senden, auch wenn ich nicht damit rechne, dass mir eine Postadresse mitgeteilt wird.

Ich bin sehr gespannt, was jetzt passieren wird!

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